Wirtschaft in Haiming
Eine wirtschaftsstarke Gemeinde mit vielen Unternehmen
Wirtschaftsmix
In unserer Gemeinde gibt es seit Jahrzehnten erfolgreiche Familienbetriebe, international tätige Unternehmen, viele Klein- und Mittelunternehmen sowie zahlreiche Einzelunternehmen.
Laut offizieller Statistik sind es insgesamt 363 Unternehmen, die in 407 Arbeitsstätten 2.704 Beschäftigte in den Arbeitsstätten verzeichnen. (Quelle: Abgestimmte Erwerbsstatistik und Arbeitsstättenzählung 2018)
Rund 65 % der Betriebe sind in Ötztal-Bahnhof, rund 31 % in Haiming, der Rest am Haimingerberg und in Ochsengarten angesiedelt.
Was versteht man unter "wirtschaftsstark"?
Haiming wird immer wieder als wirtschaftsstarke Gemeinde bezeichnet – mit vielen Betrieben und Unternehmen, die weit über die Gemeindegrenzen hinaus agieren und bekannt sind. Aber was genau ist unter „wirtschaftsstark“ zu verstehen? Ein Indikator für die Wirtschaftsleistung der Unternehmen einer Gemeinde ist die Kommunalsteuer. Diese hängt von der Lohn- und Gehaltssumme ab und wird von den Unternehmen direkt an ihre Standortgemeinde abgeliefert. Sie ist nach den Abgabenertragsanteilen (=der den Gemeinden zustehende Anteil an den gemeinschaftlichen Bundesabgaben, wie z. B. Umsatz-, Lohn- und Einkommenssteuer) die wichtigste Einnahmequelle unserer Gemeinde. Damit wiederum kann sie zahlreiche Projekte finanzieren, z. B. die „klassische“ Gemeindeinfrastruktur, wie Wasser, Kanal, Stromversorgung, Schulen, Kindergärten etc., aber auch Schulden tilgen und außerordentliche Investitionen tätigen.
Im Jahr 2019 nahm die Gemeinde Haiming rund 1,84 Millionen Euro an Kommunalsteuer ein und damit deutlich mehr als noch im Jahr 2010, als sich die Kommunalsteuer auf rund 1,24 Millionen Euro belief. Umgerechnet auf die Bevölkerung betrug die Kommunalsteuer im Jahr 2019: 395 Euro pro Kopf. Damit liegt Haiming nach Imst, Sölden und Mils an 4. Stelle der Gemeinden im Bezirk Imst. Ein Vergleich mit der Gemeinde Längenfeld, das eine ähnliche Größe bzw. Bevölkerungszahl wie Haiming hat, zeigt, dass die Ötztaler Gemeinde mit rund 1,34 Mio. Euro an Kommunalsteuer im Jahr 2019 deutlich „hinter“ Haiming liegt.
Quelle: Finanzstatistik des Landes Tirol
Die Haiminger Wirtschaft bietet eine Vielzahl von Arbeitsplätzen mit unterschiedlichsten Anforderungen. Die Skala der Produkte und Dienstleistungen reicht von landwirtschaftlichen Erzeugnissen über Hightech-Produkte der Metallwirtschaft bis hin zu wissensintensiven Dienstleistungen. Die breite Aufstellung macht die Haiminger Wirtschaft auch relativ krisensicher. Das hat sich zuletzt auch im „Corona-Jahr“ 2020 gezeigt, das insgesamt deutlich glimpflicher ausfiel als z. B. in tourismusintensiven Gemeinden.
Wirtschaftsgeschichtliche Rückblicke
Haiming war bis in das 20. Jahrhundert hinein ein von Landwirtschaft und Bauerntum geprägtes Dorf. Unsere Vorfahren waren überwiegend Selbstversorger, aber auch ein solches Dorf benötigt verschiedene Handwerker. Als ältestes bekanntes gilt das Schmiedehandwerk. So gab es etwa im Mittelalter – um 1300 – bereits eine Schmiede in Haiming. Einen Müller gab es dagegen erst relativ spät – ab 1748 – als Haiming die Erlaubnis für eine eigene Mühle erhielt. Um die selbe Zeit gab es in Brunau eine Gerberei und in der Nähe des heutigen Bauhofs eine Sägemühle. Der Schmied Rattacher betrieb dort auch einen Kohlenmeiler. Auf dem Haimingerberg betätigten sich noch im 19. Jahrhundert viele als Weber bzw. Weberinnen und webten aus Schafwolle und Flachs Leinen und Tuch. Das Handwerk früherer Jahrhunderte war jedoch in den seltensten Fällen die Haupteinnahmequelle. Das Überleben sicherte die Landwirtschaft, das Handwerk wurde „nebenher“ betrieben und stellte einen willkommenen Zuverdienst dar.
Aus dem Jahr 1892 gibt es eine Liste mit den damals in Haiming existierenden Berufen. Genannt werden dort neben Bauern: Bahnwächter, Botin, Glaser, Handelsmann, Kleinhändler, Krämer, Korbflechter, Metzger, Messerschmied, Müller, Rädermacher, Schneider, Schuster, Steinmetz, Spezereienhändler, Tischler, Wirt, Weber, Wegmacher, Zementmüller, Zimmermann. Außerdem gab es: Lehrer, Kalkbrenner, Hebamme und Fassbinder. Aus dieser Liste lassen sich Rückschlüsse auf die damalige Wirtschaftslandschaft in Haiming ziehen. Größere Bedeutung hatte bereits seit Mitte des 19. Jahrhunderts die Zementproduktion. 1872 übernahm Siegfried Stigger vulgo „Zementeler“ die Zementerzeugung in Haiming. Der Steinbruch lag zwischen Magerbach und „Weißem Haus“, wo Kalkstein und Tonmergel vorkamen – die für die Zementherstellung notwendigen Gesteinsarten. Die Zementmühle lag am Inn. Der Haiminger Zement war wegen seiner großen Ausgiebigkeit geschätzt. Doch mit der Zeit wurde die Konkurrenz durch billiger produzierende Großbetriebe immer größer, der Transport durch die neue Eisenbahn günstiger und die Haiminger Zementproduktion wurde stillgelegt.
Der Bau der Arlbergbahn in den 1880er Jahren hatte in mehrfacher Hinsicht Auswirkungen auf unsere Gemeinde. Die Masseneinfuhr verschiedener Güter wurde möglich und so entstanden auch in den Bauerndörfern des Oberlandes Krämereien und Greißler. In Haiming waren dies Simon Wegleiter im Dorf und Roman Tamerl in der Steigge. Von der Nähnadel bis zum Schuhputzzeug gab es in diesen Läden (fast) alles.
Ende des 19. Jahrhunderts wurde in Magerbach mit dem Kalkabbau begonnen, in der Kalkmühle in der Au gebrochen und im Kalkofen gebrannt. Der Kalkofen wurde nach dem 2. Weltkrieg wieder von Anton Stigger vulgo „Kalkbrenner“ in Betrieb genommen und bot zu seinen Hochzeiten (1956) rund 30 Arbeitern eine Anstellung. Vor dem 2. Weltkrieg (um 1938) gab es in Haiming an Handwerks- und Gewerbebetrieben: Bäcker, Binder, Eisenwarenhändler, Fleischer, Hebamme, Maurermeister, Radioapparate und Bedarfsartikel (Erwin Golser), Sägen, Schmiede, Schneider, Schuhmacher, Tischlereien, Viehhandle und Wagnerei, außerdem mehrere Gastwirte und die Raiffeisenbank. So manche dieser Gewerbe sind in den Jahren nach dem 2. Weltkrieg ausgestorben, wie Schuhmacher, Binder, Wagner.
Wirtschaft nach dem 2. Weltkrieg
Nach dem Ende des 2. Weltkriegs 1945 setzte in ganz Tirol eine dramatische Veränderung der Wirtschaftsstruktur ein. Innerhalb weniger Jahrzehnte wandelte sich das von der Landwirtschaft lebende Land mit relativ wenig Außenhandel zu einer modernen Dienstleistungs- und Industrieregion. Die Zahl der in der Landwirtschaft Beschäftigten sank rapide, so auch in Haiming. 1961 waren es nur mehr 30 %, vor dem Krieg noch rund 60 %.
In der Aufbruchstimmung nach dem Krieg siedelten sich zahlreiche Unternehmen in Haiming an oder wurden neu gegründet: Frächter, Bauunternehmen, Tischlereien, aber auch Handelsbetriebe, wie Spar, IFA, Kaufhaus Wammes etc. In Ötztal-Bahnhof entstand das Gewerbe- und Industriegebiet und die Gemeinde verfolgte eine wirtschaftsfreundliche Politik. In der Folge siedelten sich zahlreiche Betriebe am günstigen Standort im Forchet an. Einer der ersten war die Mechaniker-Werkstätte von Wendelin und Hannelore Mair (heute Autohaus Mair) an der Bundesstraße.
Als wegweisend gilt die Ansiedlung der Firma Lignospan im Forchet. Für das Plattenwerk wurden fünf Werkshallen in einem weiträumigen Komplex aufgestellt. 1961 ging das Werk in Betrieb und war mit mehr als 200 Arbeitsplätzen der größte Arbeitgeber in der Gemeinde. Die Ansiedlung von Lignospan hatte nicht nur auf den Arbeitsmarkt und den Zuzug Auswirkungen, sondern auch auf den Unternehmensstandort selbst. Dieser wurde noch attraktiver und weitere Firmen kamen im Gefolge der Lignospan ebenfalls nach Ötztal-Bahnhof, z. B. Holz Marberger. Innovationsgeist und Mut zum Unternehmertum, der Fleiß und das Durchhaltevermögen tragender Familien waren in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts die Grundlage für die wirtschaftliche Entwicklung Haimings. Wirtschaft und Tourismus boomten in dieser Zeit und die Gemeinde zählte trotz zahlreicher Investitionen zu den wirtschaftsstarken Gemeinden mit geringer Verschuldung.
Wirtschaftlicher "Meilenstein" der 1960er Jahre
Bildergalerie zur Ansiedlung der Firma Lignospan im Forchet
Haimings Wirtschaft im 21. Jahrhundert
Seit der Jahrtausendwende hat sich Haimings Wirtschaftsleben noch einmal bedeutend verändert und weiterentwickelt. Auf der Ötztaler Höhe eröffnete 2003 das Handels- und Dienstleistungszentrum. An die 40 Unternehmen aus den Bereichen Lebensmittel-, Textil-, Schuh- und Drogeriehandel sowie Dienstleister aus den Bereichen Gesundheit, Finanzen, Versicherung, Vermessungstechnik, Friseur, Kommunikation & IT etc. sowie Tankstellen und Gastronomie/Bäckerei haben sich am attraktiven Standort am Eingang zum Ötztal angesiedelt. Seit 2016 ist auch die Straßenmeisterei des Landes Tirol auf der Ötztaler Höhe zu finden. Auch im Ortsteil Ötztal-Bahnhof wuchs das Gewerbe- und Industriegebiet in der Olymp- und Industriestraße sowie nördlich der Bahn weiter. Am und rund um das ehemalige Gelände der Firma Lignospan/Helene Möbel siedelten sich neue Betriebe an. 2016 wurden außerdem auch östlich der Industriestraße mehrere Hektar in Gewerbegebiet umgewidmet. Mit einer wirtschaftsfreundlichen Politik will die Gemeinde die Attraktivität des Standorts erhalten bzw. verbessern. Heimische Jungunternehmer/innen sollen die Möglichkeit haben, zu relativ günstigen Konditionen eine Firma aufzubauen. Daneben schätzen aber auch Großbetriebe die Standortbedingungen, wie etwa die Ansiedlung der Firma Speck Handl Tyrol im Jahr 2018 beweist.
Branchenmix
In der Gemeinde Haiming ist ein breites Spektrum wirtschaftlicher Tätigkeiten abgedeckt. Im primären Sektor sind Landwirtschaft und Obstbau gut vertreten, der sekundäre Sektor (Gewerbe und Industrie) ist mit der Produktion von Waren, Energieversorgung, Abwasser- und Abfallentsorgung sowie insbesondere zahlreichen Betrieben aus Bau- und Baunebengewerbe in Haiming gut positioniert. Der Großteil der heimischen Unternehmen ist dem Dienstleistungssektor zuzurechnen: Handel, Verkehr, Beherbergung und Gastronomie, Information und Kommunikation, Finanz- und Versicherungsdienstleister, Grundstücks- und Wohnungswesen sowie persönliche, soziale und öffentliche Dienstleistungen. Angeboten werden die Waren und Dienstleistungen von Unternehmen in unterschiedlichsten Größen – vom engagierten Einzel- unternehmer bis zum Großbetrieb mit Umsätzen in Millionenhöhe.
Einige in unserer Gemeinde ansässige Unternehmen schaffen es immer wieder in diverse Rankings, wie z. B. unter die Top 100 Unternehmen im Bezirk Imst oder unter die 500 umsatzstärksten Familienunternehmen Tirols. Auch Auszeichnungen wie z. B. „Austria’s Leading Companies in Tirol“ oder „Knew-LEDGE“ gingen bereits an Haiminger Unternehmen.
Wie sehr sich in Zukunft der technologische Fortschritt, die wirtschaftlichen Verflechtungen, die Globalisierung und zuletzt die „Corona-Phase“ 2020/21 auf die heimischen Betriebe auswirken werden, bleibt noch abzuwarten. Für die Gemeinde gilt es jedenfalls, eine wirtschaftsfreundliche mit einer nachhaltigen und zukunftsorientierten Entwicklungspolitik in Einklang zu bringen.
Erfolgsgeschichten der Haiminger Wirtschaft
Unternehmerische Erfolgsgeschichten aus Haiming gibt es einige. Hätten Sie z. B. gewusst,
…dass mehrere Millionen Hosen in Haiming produziert wurden (Firmen Stigger und Astri) und dass sich die Firma Astri immer noch im schwierigen Textilmarkt erfolgreich behauptet?
…dass der erste Selbstbedienungsmarkt Westtirols Mitte der 1960er Jahre von Rosa Stigger in Ötztal-Bahnhof eröffnet wurde?
…dass die Firma MCP Anfang der 2000er Jahre mehr als 100 Mitarbeiter/innen beschäftigte und als erfolgreichster Produzent volkstümlicher Schlagermusik in Österreich galt?
…dass die vermutlich ersten Fertigteilhäuser Österreichs von der Firma Lignospan in den 1960ern in Ötztal-Bahnhof aufgestellt wurden?
…dass die Gärtnerei Tichoff-Norz mit rund 25.000 m² zu den größten Gärtnereien Tirols zählt?
…dass die Firmen Holz Marberger und Holzhof Tinzl zu den bedeutendsten Lieferanten für Tischler und Zimmerer im überregionalen Bereich zählen?
…dass in Ötztal-Bahnhof produzierte Filzpatschen der Firma Gottstein in alle Welt versandt werden?