Die 1980er und 1990er Jahre

In den beiden letzten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts wuchs die Haiminger Bevölkerung um fast 20 % - von 3.263 Einwohner/innen im Jahr 1981 auf 3.901 im Jahr 2001. Bereits seit 1968 stand Wilfried Stigger (1938-1998) der Gemeinde als Bürgermeister vor - bis auf wenige Monate im Jahr 1980, in denen er von Franz Götsch als Bürgermeister vertreten wurde. Wilfried Stigger brachte es auf insgesamt 24 Amtsjahre und galt als einflussreiche Persönlichkeit mit viel Energie und Verstand.

 

Haiming wächst und verändert sich

 

In die Amtszeit von Wilfried Stigger (Bürgermeister von 1968 - 1992) fallen einige Entwicklungen und Projekte, die unsere Gemeinde nachhaltig prägen sollten:

 

Bau der Autobahn

1980 wurde der Abschnitt der A12 Inntal Autobahn bis Telfs fertiggestellt. Damit war klar, dass der weitere Ausbau Richtung Westen bald folgen sollte. Für die Trasse von Mötz bis Ötztal-Bahnhof war ursprünglich ein anderer Verlauf vorgesehen: Über Silz sollte die Autobahn sich durch den Pirchet an die südliche Seite des Inns (am Fuß des Ambergs) fortsetzen – also in etwa dem Verlauf der Landesstraße B171 folgend – bis zur Ötztaler Höhe. Speziell in Silz regte sich gegen diesen Plan jedoch massiver Widerstand – insbesondere der Verlust wertvoller Felder und Äcker wurde kritisiert. Gemeinsam mit Haiming wurde an einer neuen Variante geplant – entlang der Nordseite der Dörfer. Diese Idee wurde dem Land Tirol vorgelegt, das dementsprechend die Autobahn planen ließ.

 

Zwischen Mötz und Haiming verläuft die A12 direkt unter den zerklüfteten Felsen des Tschirgantmassivs. Zum Schutz vor Muren und Steinbrüchen vom brüchigen Tschirgant mussten drei Tunnel sowie eine Galerie gebaut werden: 1985/1986 wurden die Simmeringgalerie mit 861 m, der Tunnel Schlenzenmure mit 240 m, der Tunnel Steinbruchmure mit 180 m sowie der Tunnel Kirchenriese mit 175 m errichtet. Haiming entschied sich gegen eine Autobahnabfahrt in Dorfnähe, stattdessen wurde die Anschlussstelle auf der Ötztaler Höhe errichtet. Der Abschnitt der Autobahn zwischen Mötz und Ötztal wurde am 1. Juli 1986 freigegeben, der Abschnitt zwischen Ötztal und Roppen am 7. November 1986.

 

Rafting: Neuer Trendsport am Inn

Berichte über Paddler und Kajakfahrer, die am Inn zwischen Landeck und Haiming mit sogenannten „Faltbooten“ unterwegs waren, gibt es bereits aus den 1930er Jahren, aber ein Trend für die breite Masse wurde daraus erst mit dem Rafting. Ab etwa Mitte der 1980er Jahre wurde das Wildwasser Rafting auch bei uns populär. Auf der Strecke zwischen Imst und Haiming tummelten sich in den ersten Jahren neben Kajakfahrern auch riesige Schlauchboote. Für das neue Raftinggewerbe mussten erst gesetzliche Vorschriften und Regelungen erarbeitet werden. Unterstützt vom Haiminger Tourismusverband wurde im September 1988 im Ötztalerhof der Tiroler Rafting Verband (TRV) als Interessenvertretung für heimische Rafting-Unternehmen gegründet. Seit 1990 müssen Rafting-Anbieter über eine Konzession verfügen. Die Strecke zwischen Imst und Haiming durch die Innschlucht gilt heute als eine der meistbefahrenen in ganz Europa. Magerbach wurde zur zentralen Ausstiegs- und Labstelle für Rafter. In Haiming siedelten sich ab Mitte der 1980er Jahre mehrere Rafting-Anbieter an: faszinatour, Wiggi Rafting, Feel free Touristik, Refugio Otto Habicher, Fankhauser Rafting.

 

Freizeitbeschäftigungen, Vereinsleben und sonstige Entwicklungen

Waldschwimmbad und Sportplatz lockten zahlreiche Besucher/innen, Zuschauer/innen und aktive Sportler an. So konnte man im damals noch jungen Schwimmbad an den besten Tagen bis zu 2.500 Gäste am Tag zählen, viele kamen zu Fuß vom Campingplatz bei der BP-Tankstelle an der Bundesstraße. Haiming galt einige Jahre als Fußballhochburg, spielte sogar in der Regionalliga. Zu den Lokalderbys gegen Imst oder Silz-Mötz pilgerten an die 1.000 Zuschauer zum Sportplatz in der Oberen Gmua. 1982 wurden zudem die neuen Tennisplätze zwischen Sportplatz und Schwimmbad errichtet, 1984 folgte die Eröffnung. Auch die Untere Gmua war und ist zumindest einmal im Jahr – beim jährlichen Waldfest der Musikkapelle Haiming am ersten Augustwochenende – ein Publikumsmagnet weit über die Dorfgrenzen hinaus.

 

Anfang der 1980er wurde mit dem ersten Krampuslauf der Neuzeit der Grundstein für den großen Haiminger Krampuslauf gelegt. Waren es 1980 noch 10 „Mander“, entwickelte sich daraus schnell eine der größten Brauchtumsveranstaltungen im Oberland.

 

In Ötztal-Bahnhof wurde 1987 die Musikkapelle gegründet. Zu den jährlichen Fixterminen der jungen Musikkapelle gehört das Pfarrfest in Ötztal-Bahnhof. Seit ca. Mitte der 1980er bildet dies jedes Jahr am 1. Mai das Veranstaltungshighlight der Pfarre.

 

Im Juni 1992 wurde der Kulturverein „Regenbogen“ gegründet und bereicherte für einige Jahre mit vielen Veranstaltungen das kulturelle Leben in der Gemeinde. 1998 entstand der Verein „Kanten“ und widmet sich seither der Arbeit mit Jugendlichen.

 

In der Hauptschule wurde Mitte der 1980er Jahre der A- und B-Zug abgeschafft, an dessen Stelle trat das neue System der Leistungsgruppen. Heute kaum mehr vorstellbar: Bis ca. Mitte der 1990er Jahre war es ganz selbstverständlich, von Montag bis inklusive Samstag in die Schule zu gehen.

Landwirtschaft & erster Markttag 1987

In der Landwirtschaft gewann der Obstanbau, insbesondere von Äpfeln, immer mehr an Bedeutung. Um den Direktvertrieb zu unterstützen, wurde auf Initiative einiger Haiminger im Jahr 1987 erstmals Markttag in Haiming gehalten – und übertraf bereits alle Erwartungen. Auch Begriffe wie „bio“ oder „grün“ fanden langsam Einzug im allgemeinen Sprachgebrauch. Anfang der 1980er Jahre stellte die Haiminger Familie Glatzl ihren Bauernhof auf biologischen Anbau um und zählt damit zu den Vorreitern in Tirol. 1995 errichtete Familie Glatzl eine Mühle am Mühlbach (Mühlwaal).

 

Um die Wasserversorgung in der Landwirtschaft weiter zu sichern, wurde von 1988 bis 1991 das Bewässerungssystem der Wassergenossenschaft Auwal Silz-Haiming-Magerbach gebaut. Seit der Inbetriebnahme im Jahr 1991 werden damit die Flächen zwischen dem Weiler Simmering (Gemeinde Silz) und Magerbach bewässert. Ebenfalls 1991 wurde mit dem Bau des Obstlagers in Haiming begonnen, 1993 konnte es eröffnet werden.

 

Wachsende Bevölkerung

Die wachsende Bevölkerung wirkte sich in vielen Bereichen, wie z. B. bei den Kindergärten und Schulen, Spielplätzen, Vereinen und Feuerwehren aus. Auch mit größeren Wohnbauten wurde auf das Bevölkerungswachstum reagiert. Ab Anfang der 1990er entstand z. B. die Wohnsiedlung in der Kalkofenstraße. Für den Bauträger galt die Regelung, 75 Prozent der Wohnungen an Haiminger Gemeindebürger zu vergeben. Da diese Quote nicht ganz erfüllt werden konnte, kaufte die Gemeinde selbst fünf Wohnungen, um sie dann an Einheimische (mit Kaufoption) weiterzuvermieten. Mitte der 1990er Jahre wurde die Forchetsiedlung im Winkling gebaut. Ab 1998 wurden die ersten Häuser der Siedlung Forest Village in Ötztal-Bahnhof errichtet.

 

Neue Gemeindeführung, neue Aufgaben

In der ersten Direktwahl des Bürgermeisters im Jahr 1992 wurde Wilfried Stigger von Josef Leitner abgelöst, der dieses Amt bis heute (Stand 2021) ausübt. Zu den großen Aufgaben der Gemeinde zählten in den ersten Jahren seiner Amtszeit die Kanalisierung, die Dorferneuerung, der Bau des Oberlandsaales und der Bau des neuen Kindergartens für Haiming.

 

Dorferneuerung

Ab 1992 gab es in Haiming einen Dorferneuerungsausschuss, der sich aus verschiedenen Mitgliedern aus der Bevölkerung sowie Gemeindevertretern zusammensetzte. Eines der ersten, schnell umgesetzten Projekte des Ausschusses war die Dorfzeitung. Das erste „Haiminger Dorfblattl“ erschien im April 1993.

Kanalisierung und Abwasserverbände

Ab den 1990er Jahren wurde in Haiming die Kanalisierung großflächig weitergeführt. Die Ortsteile Ochsengarten, Brunau und Ambach gehören zum Abwasserverband „Vorderes Ötztal“, die restlichen Ortsteile zum Abwasserverband Stams und Umgebung. Ursprünglich gab es auch den Gedanken, in Haiming ein eigenes Klärwerk zu errichten. Mit dem Beitritt zum Abwasserverband Stams musste kein eigenes Klärwerk gebaut werden, was ökologisch und ökonomisch nicht sinnvoll gewesen wäre. Der Bau des Kanalnetzes in Haiming dauerte insgesamt rund 10 Jahre. Die Gesamtkosten für die Ortsnetze (alle Gemeinden der beiden Abwasserverbände) werden geschätzt mit rund 200 Mio. Schilling angegeben.

 

Infrastrukturprojekte der Gemeinde

Viele Jahre, wenn nicht gar Jahrzehnte, war das Thema Gemeindesaal ein Zankapfel in der Kommunalpolitik. Besonders den heimischen Vereinen fehlte ein Veranstaltungssaal. Für Konzerte, Bälle und sonstige Veranstaltungen waren die Säle beim Gasthof Stern (Zickeler) oder beim Gasthof Traube (Sterzinger) entweder zu klein oder entsprachen nicht mehr den Anforderungen. Immer wieder wurde auch der Turnsaal der Hauptschule umfunktioniert. 1997 schließlich konnte der Oberlandsaal eröffnet werden – mit einem einzigartigen Modell: Der Saal wurde von der Gemeinde an private Betreiber verpachtet.

 

Ab 1997 wurde der Recyclinghof am heutigen Standort gebaut. Vorher gab es im gesamten Gemeindegebiet verteilte Müllsammelinseln, was sich nicht gerade positiv auf das Ortsbild auswirkte. In Ochsengarten wurde in den 1980er Jahren ein neues Gerätehaus für die Feuerwehr gebaut; 1997 folgte der Bau und Bezug des Feuerwehrhauses in Ötztal-Bahnhof. Unter Beteiligung der VS Ötztal-Bahnhof wurde neben dem Bahnhof der Spielplatz 1998 angelegt und eröffnet.

 

In Haiming wurde der Kindergarten Haiming allmählich zu klein, 1997 wurde daher das neue Gebäude (bei der Volksschule) gebaut und bezogen. Dadurch wurden die alten Räumlichkeiten in der Hauptschule frei – hier konnte sich ab dem Jahr 2000 die Bibliothek ansiedeln. In Ochsengarten gab es ab 1990 einen Kleinkindergarten.

 

Die Ochsengartenbahn

1999 wurde die Ochsengartenbahn (mit einer stillen Beteiligung der Gemeinde in Höhe von 10 Mio. Schilling) errichtet, womit ein Zusammenschluss von Ochsengarten mit dem Skigebiet Hochoetz möglich wurde. Für den kleinen Weiler bedeutete das einen deutlichen Aufschwung. Für die Bahn wurden die Kabinen sowie weitere Teile der alten Giggijochbahn aus Sölden verwendet. Die Seilbahn mit den charakteristischen roten Gondeln (Baujahr 1977) leistete bis 2016 gute Dienste in Ochsengarten, bevor sie durch eine modernere Kabinenbahn (wiederum die gebrauchte Giggijochbahn) ersetzt wurde.

 

Das Umformerwerk der ÖBB

Von 1992 bis 1995 wurde das Umformerwerk der ÖBB in unmittelbarer Nachbarschaft zum Verbund-Umspannwerk errichtet. Das 900-Millionen-Schilling-Projekt formt Drehstrom aus dem öffentlichen Netz in Bahnstrom um. Dieser wird in das Bahnstromnetz eingespeist. Die entstehende Abwärme wird von der Gemeinde für die Beheizung des Waldbades und Warmwasser bei der Sportanlage genutzt. Der Probebetrieb der Anlage startete 1995, am 10. Juni 1997 fand die offizielle Eröffnung statt.

Wichtige Daten der Jahre 1980 bis 1999 im Überblick

 
Die folgende Zeitleiste bietet – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – einen Überblick über einige wichtige Ereignisse in unserer Gemeinde der Jahre 1980 bis 1999:

 

1980

  • Gründung der Druckerei Pircher durch Hans Pircher

 

Dezember 1980

  • Erster Krampuslauf mit zehn „Mandern“

 

1982

  • Bau der Tennisplätze zwischen Sportplatz und Schwimmbad – Eröffnung 1984
  • Brand Gasthof Mareil – Wirtshaus zerstört; Mensch und Tier kommen nicht zu Schaden.
  • Gründung der Firma Zoller-Prantl in Haiming
  • Firma Hofmann Schlosserei-Stahlbau verlegt Standort von der Ebene nach Ötztal-Bahnhof.

 

Hitzerekord 1983

  • Am 27. Juli 1983 werden in Haiming 38,3 Grad Celsius gemessen. Dieser Hitzerekord für Tirol hält bis 30. Juni 2019 – in Innsbruck werden an diesem Tag 38,5 Grad gemessen

 

Mitte der 1980er Jahre

  • Autobahnbau
  • Zweigleisiger Ausbau der Bahnstrecke von Telfs-Pfaffenhofen bis Ötztal-Bahnhof

 

1984

  • Bau eines neuen Gerätehauses für die Feuerwehr Ochsengarten
  • Gründung der Firma „Kapeller Objekteinrichtung“ durch Othmar Kapeller

 

1984/85

  • Vinzenzgemeinschaft Haiming wird gegründet.

 

1987

  • Gründung der MK Ötztal-Bahnhof

 

10. Oktober 1987

  • Erster Haiminger Markttag

 

1988 – 1991

  • Außenrestaurierung der Pfarrkirche Haiming

 

1989

  • Bau der neuen Marien- Kapelle in der Schlierenzau; Einweihung am 9. September 1990 durch Bischof Reinhold Stecher

 

Mai 1990

  • Großbrand des Ötztalerhofs

 

1990

  • Gründung der Firma KPS in Haimingerberg; 2002 entsteht daraus die Firma System Putz GmbH mit Sitz im ehemaligen Betriebsareal der Verbundgesellschaft in der Wiesrainstraße.
  • Die Lebenshilfe siedelt sich in Ötztal-Bahnhof an; offizielle Eröffnung der Betreuungseinrichtung im Mai 1991.
  • Eröffnung Hotel „Ferienschlössl“ am Haimingerberg
  • Kleinkindergarten Ochsengarten eröffnet (2012 wegen Kindermangels geschlossen)

 

1990er

  • Kalkofen Siedlung und Forchetsiedlung werden gebaut.

 

1991

  • Gründung/Bau des Obstlagers; 1993 Eröffnung des Obstlagers

 

1992

  • Josef Leitner wird Bürgermeister
  • Atelier für Raumgestaltung von Gernot Heppke eröffnet

 

Juni 1992

  • Gründung des Kulturvereins „Regenbogen“

 

Herbst 1992

  • Gründung Vinzenzgemeinschaft Ötztal-Bahnhof

 

April 1993

  • Erstes Dorfblattl informiert über das Dorfgeschehen.

 

10. Juli 1993

  • Erstes Kinderspielfest in der „Unteren Gmua“, organisiert vom Katholischen Familienverband

 

1994

  • Das Gartencenter Wammes siedelt sich in Schlierenzau an.
  • Innenrenovierung der Pfarrkirche Haimingerberg

 

1995

  • EU-Beitritt Österreichs; 1998 tritt das Schengener Abkommen in Kraft.
  • „neurauter & frisch“ siedeln sich am neuen Firmenstandort in der Olympstraße in Ötztal-Bahnhof an.

 

1995/1996

  • Umformerwerk der ÖBB wird eröffnet.

 

1996

  • Bau der Brücke nach Mareil
  • Gründung des Krippenbauvereins
  • „Spiel-mit-mir-Wochen“ finden erstmals in den Sommerferien statt – eine Entlastung für berufstätige Eltern.

 

1997

  • Eröffnung des Oberlandsaales
  • Bau des Recyclinghofs
  • Bau und Bezug der Feuerwehrhalle in Ötztal-Bahnhof
  • Bau des neuen Kindergartens in Haiming
  • Schließung des Gendarmeriepostens in Ötztal-Bahnhof

 

1997 – 1999

  • Kapelle „Maria am Stein“ beim Gasthof Marlstein wird gebaut

 

1998

  • Spatenstich Forest Village 1
  • Bau des Spielplatzes beim Bahnhof in Ötztal-Bahnhof
  • Gründung des Vereins „Kanten“ – Schwerpunkt Jugendarbeit

 

1999

  • Bau der Ochsengartenbahn
  • Gründung der Haiminger Bibliothek
  • Konkurseröffnung über die Firma Helene Möbel (Nachfolger der Firma Lignospan)

Diverse Fotos aus den 1980er und 1990er Jahren: