Die Lignostahl-Häuser
Die Lignostahl-Häuser – innovative Architektur, von der kaum einer (mehr) weiß
Neben gängigen Spanplatten stellte Lignospan auch den innovativen Baustoff „Mixolit“ her, eine Holzfaserplatte ohne chemische Bindemittel. Der bekannte Architekt Prof. Dr. Roland Rainer interessierte sich für die Einsatzmöglichkeiten dieses Baustoffs beim Hausbau.
So entwarf und baute er in den 1960er Jahren in Zusammenarbeit mit Lignospan das sogenannte Lignostahl-Haus, bestehend aus einer Stahlkonstruktion sowie den genannten Mixolitplatten.
Am Werksgelände wurde dieser erste Prototyp aufgestellt, später wurde es gar als das erste Fertigteilhaus Österreichs bezeichnet. Ein zweites Haus wurde gefertigt, um in Wien zur Präsentation ausgestellt zu werden. Da dies jedoch nicht bewilligt wurde, stellte man das zweite Haus neben das erste Haus in den Forchet.
Bild rechts: Die Lignostahl-Häuser in Ötztal-Bahnhof waren eine innovative Bauform; später wurden die Häuser gar als die ersten Fertigteilhäuser Österreichs bezeichnet. Das Foto stammt aus dem Jahr 1964
Bald nach der Fertigstellung der beiden Prototypen ging die Firma Lignospan jedoch in Konkurs und so wurde die innovative Technologie dieser frühen Fertigteilhäuser nicht weiter verfolgt. Die modernen Häuser mit Flachdach standen auf „Stelzen“ und waren vermutlich für viele Einheimische recht exotisch. Im Laufe der Jahre wurden sie von ihren Bewohnern umhüllt und bis zur Unkenntlichkeit umgebaut.
Skizze rechts: Einreichplan für das Lignostahl-Haus 1 aus dem Jahr 1964
Abbildung: Modell des Lignostahl-Hauses
Ab 2002 standen sie leer, 2008 drohte der Abriss, da das Grundstück, auf dem sie standen, verkauft wurde. Was kaum jemand weiß: Die Häuser gelten als architektonische Zeugnisse der Aufbruchstimmung der 1960er Jahre und als kaum bekannte Architekturdenkmäler. 2009 wurden sie gerettet und unter der Leitung des Architekten Georg Driendl fachgerecht demontiert. Beim Abbau stellte dieser erstaunt fest, dass die Substanz der Häuser zum Großteil in sehr gutem Zustand erhalten war (auch dank der Umbauten, die den Kern der Gebäude schützten). Die Häuserteile wurden vom Wiener Galerist Georg Kargl gekauft. Geplant war, zumindest eines der Häuser unter Zuhilfenahme von Ersatzteilen des zweiten Hauses in Niederösterreich wieder aufzustellen. Da Georg Kargl im Jahr 2018 unerwartet verstarb, ist aus dieser Idee bis zum heutigen Stand (2020) nichts geworden. Die Teile der Häuser befinden sich in einem Lager der Galerie, über den genauen Standort konnten wir leider nichts erfahren. Auch der Versuch des Denkmalamtes Tirol, die Häuser wieder nach Tirol zu holen, sind (vorerst) gescheitert.
Foto: Süd-West-Fassade des Lignostahl-Hauses in Ötztal-Bahnhof, aufgenommen 2008. „Eingepackt“ in eine dicke Dämmschicht aus dem 1970er Jahren, konnte man das ursprüngliche Lignostahl-Haus nicht mehr erkennen und kaum jemand wusste von der architektonischen Bedeutung des Hauses.
Einen Kurzbericht zu den Lignostahl-Häusern in Ötztal-Bahnhof von Juliane Mayer können Sie hier als PDF lesen.