Die Zwischenkriegszeit

Die Jahre 1918 bis 1938

 

Straßenausbau, einsetzender Tourismus

 

Da sich vor dem 2. Weltkrieg kaum jemand ein Auto oder ein Motorrad leisten konnte, spielte die Erreichbarkeit mit diesen Verkehrsmitteln innerhalb der Gemeinde eher eine untergeordnete Rolle. Mit der zunehmenden Motorisierung und dem aufkommenden Tourismus im Ötztal wurden aber auch die Straßen rund um Haiming ausgebaut. 1903/04 wurde die Ötztal Straße bis Sölden errichtet. Die Pferdestellwagen benötigten für die Fahrt bis Sölden sechs bis acht (!) Stunden. Erst ab 1926 verkürzte sich mit den ersten Postbussen die Fahrt auf rund zwei Stunden. Auch die einheimischen Hoteliers benützten die Straße ab 1926 bereits mit ihren eigenen Automobilen. Für auswärtige Autobesitzer wurde die Ötztal Straße erst 1927 freigegeben. Die Benutzung der Straße war nur nach Bezahlung einer Mautgebühr erlaubt – der Mautschranken befand sich bei Ambach. Der alpine Tourismus, insbesondere im Ötztal, spielte schon zu dieser Zeit eine Rolle und die „Station Oetzthal“ galt als wichtiger Verkehrsknotenpunkt für Gäste, die ins Ötztal reisen wollten.

 

Österreich war in der Zwischenkriegszeit von großen wirtschaftlichen und sozialen Problemen sowie politischen Umbrüchen geprägt. Die Lebensmittelversorgung war nach dem 1. Weltkrieg zusammengebrochen, Inflation und Preise stiegen ins Unermessliche, die Löhne dagegen kaum oder nur verzögert. Die Arbeitslosigkeit war hoch und zu Beginn der 1930er Jahre erfasste die Weltwirtschaftskrise auch Tirol in vollem Umfang. Die kleinen Bauern in Haiming hatten gegenüber den Arbeitern zwar den Vorteil, dass sie ihre eigenen Lebensmittel produzierten, aber es reichte in den meisten Fällen nur mit Mühe und Not, auch weil es oft viele Nachkommen gab. Vielfach herrschte bittere Armut, wie man es sich heute kaum mehr vorstellen kann. 1933 erreichte die Wirtschaftskrise in Tirol ihren Höhepunkt. All diese Faktoren spielten zusammen eine Rolle und bildeten den Nährboden für den Aufstieg der Nationalsozialisten und schließlich den Anschluss Österreichs im Jahr 1938.

Fremdenverkehr und 1000-Mark-Sperre

 

Der Fremdenverkehr verzeichnete als eine der wenigen Wirtschaftszweige schon in den 1920er Jahren einen deutlichen Aufschwung. Um 1930 entfiel bereits 1/3 des gesamtösterreichischen Fremdenverkehrs auf Tirol. 1933 verhängte jedoch die deutsche Reichsregierung die 1000-Mark-Sperre gegen Österreich. Damit mussten deutsche Staatsbürger beim Grenzübertritt nach Österreich tausend Mark zahlen. Das entsprach damals 1.680 Schilling. Im Vergleich dazu: ein Tag Vollpension in Gerlos kostete 6 bis 8 ATS! Kaum jemand konnte sich diese Unsumme leisten und so kam der Strom von Touristen aus dem schon damals wichtigen Herkunftsland Deutschland fast gänzlich zum Erliegen. Als Gegenmaßnahme wurde u. a. die Werbung in anderen Quellgebieten (z. B. anglo- und frankophonen Ländern) sowie im Binnenland intensiviert und großangelegte Kinderferienaktionen unterstützt. Dennoch gingen infolge der 1000-Mark-Sperre auch im Gastgewerbe viele Betriebe in Konkurs, zahlreiche Arbeitsplätze verloren und viele Zulieferer in den Ruin. Die 1000-Mark-Sperre wurde 1936 aufgehoben.

Straßenausbauten und Neubau der Bundesstraße

 

Die Straße von Haiming Dorf bis zum Bahnhof Ötztal („Station Oetzthal“) wurde 1930 auf eine Breite von 5 bis 6 Meter verbreitert, was in dieser schwierigen wirtschaftlichen Zeit zumindest für einige Monate willkommene Beschäftigungsmöglichkeiten für die Haiminger bot.

 

1935 wurde mit dem Ausbau der Arlberger Bundesstraße begonnen. Als Teilabschnitt wurde in den Jahren 1937 – 1938 auch die Bundesstraße zwischen Haiming und Imst auf einer Länge von rund 15 Kilometern ausgebaut. Dieser Bauabschnitt war einer der größten der neuen Arlberger Bundesstraße. Teil des neuen Straßenabschnitts waren auch die zwei damals größten Straßenbrücken Tirols – jene über die Ötztaler Ache und jene über den Inn bei Roppen, die als Meisterwerke der Ingenieurskunst gepriesen wurden.

 

Vor 1937 führte die ehemalige Reichsstraße von Silz kommend, knapp vor Haiming über eine Bahnüberführung in den Ort hinein, über die Magerbachbrücke und dann am Tschirgant entlang über Karres bis Imst. Vor allem am Fuß des Tschirgants war die alte Straße immer wieder Vermurungen, Steinbrüchen, Überschwemmungen und auch Lawinen ausgesetzt. Mit der Verlegung der Bundesstraße an die Südseite des Inns sollten nicht nur diese Probleme behoben, sondern auch die Anbindung des damals schon touristisch recht gut besuchten Ötztals verbessert werden. Die neue Straße wurde als eine der schönsten Aussichtsstraßen im Oberland gelobt. Dank der geringeren Steigung und wenigen Kurven konnte auch die Fahrtdauer von Haiming nach Imst wesentlich verkürzt werden.

 

Mit der neuen Bundesstraße nahm einerseits der Verkehr zu, gleichzeitig wurde es in Haiming und besonders in Magerbach ruhig. Auch die von Johann Schilcher beim Gasthof Sterzinger betriebene Tankstelle verlor Kunden.

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