Beim Kalkofen herrschte reger Betrieb
Anton Stigger “Kalkbrenner” wurde am 14. Juni 1909 geboren. Im Jahre 1933 begann er Kalk zu brennen. Das Kalkmaterial konnte er aus nächster Nähe des Kalkofens (heute: Kalkofensiedlung) entnehmen. Später gewann man das Material im „Eiskeller“. Bis 1937 brannte man mit Holz, damals wurde das Material noch mit dem Pferdefuhrwerk zum Ofen geführt, später mit eigenen Lastautos. Von 1937 bis 1939 wurde der Ofen auf Holz und Kohle, ab 1939 auf Koks umgestellt.
Nach Ausbruch des 2. Weltkrieges wurde 1939 die Arbeit am Kalkofen gegen Jahresende eingestellt, die Arbeiter mussten zum Militär, es herrschte auch Koksmangel. Die Wiederinbetriebnahme erfolgte dann 1946 und der Kalkofen war bis 1962 in Betrieb. Im Jahre 1956 baute „der Kalkbrenner“ das Hydratwerk neben dem Kalkofen. Erzeugt wurden in dieser Anlage hauptsächlich Hydratkalk und gemahlener Brandkalk. Zusätzlich zum bestehenden Kalkofen in der Siedlung stellte Anton Stigger Anfang 1950 den alten Zementofen in Magerbach auf Kalkbrennen um und nahm ihn in Betrieb.
Gearbeitet wurde durchgehend, der Ofen durfte ja nicht ausgehen. Als Stigger 1933 seine Unternehmungen startete, hatte er einen Arbeiter – er selbst arbeitete von 8 Uhr in der Früh bis um Mitternacht, der Arbeiter von Mitternacht bis 8 Uhr früh. Ab 1939 arbeiteten im Kalkbetrieb meist sieben Arbeiter. 1956 rund dreißig. 1946 arbeitete bei der Materialgewinnung im Eiskeller unter anderem auch der spätere evangelische Pfarrer von Völs, Herr Diel. Er war damals im volksdeutschen Lager in Haiming und bekam beim Kalkbrenner seine erste Arbeit.
Foto rechts: Der Kalkofen in Haiming
Anfang der sechziger Jahre verschlechterte sich die Arbeitsmoral des Personals stark. Pünktlichkeit, Fleiß und Gewissenhaftigkeit ließen nach. Unter diesen Umständen entschloss sich Stigger im Jahre 1962 den Betrieb einzustellen, das Hydratwerk verpachtete er 1963 an die Firma Schreter in Vils.
Bemerkenswert ist noch das Kalkmaterialvorkommen. Nach Ansicht von Anton Stigger wäre im Eiskeller noch Material vorhanden. Für den Magerbacher Kalkofen entnahm man das Material im Magerbacher Steinbruch neben der Mure. Anton Stigger ließ um 1950 einen Geologen der Universität Innsbruck kommen. Dieser sagte nach Untersuchungen, dass ein größeres Kalkmaterialvorkommen beim Steinbruch sei, ein Abbau sich lohne. Der Geologe irrte sich – nach zwei Jahren war das Vorkommen erschöpft, der Betrieb in Magerbach musste eingestellt werden.
Bild links: Anton Stigger, vulgo "Kalkbrenner"
Anton Stigger hat seine letzten Lebensjahre zurückgezogen verbracht – ab und zu ist er noch bei der BP auf einen Kaffee eingekehrt. Ein schwerer Schicksalsschlag war für ihn der Unfalltod seines Sohnes Gerhard, der 1966 bei der Arbeit in der Sandgrube tödliche Verletzungen erlitt. Der „alte Kalkbrenner“ starb am 1. Oktober 1993.
Text: Karl Hofer im s‘Dorfblattl der Gemeinde Haiming, Ausgabe: Juli 2008
Foto rechts: Reste des „Eiskellers“ in der Nähe von Unterriedern