Wem gehört der Wald?

 

Ursprünglich haben sich die Rechts- und Nutzungsverhältnisse an den aufgeteilten Wäldern in Tirol über Jahrhunderte gleichförmig entwickelt. Das Waldeigentum wurde dem Landesfürsten zugeordnet, die Nutzung stand den jeweiligen Nachbarschaften zu. Solche Wälder wurden „gemeine Wälder“ oder „Gemeindewälder“ genannt. Spätestens unter Kaiser Maximilian ab dem 16. Jahrhundert wurden „gemeine Wälder“ unter den Besitzern aufgeteilt; auch nach der Waldaufteilung verblieb das Eigentum beim Landesfürsten. Diese Rechtsverhältnisse haben sich erst geändert, als der Landesfürst sein Obereigentum über alle Wälder Tirols zugunsten der Holzbezugsberechtigten aufgegeben hat. Das Eigentum fiel damit an die Gemeinschaft als solche, die „Gemeinde der Holzbezugsberechtigten“.

 

Bei der Anlegung des „Franziszeiischen Steuerkatasters“ in den 1850er Jahren sind parzellierte und nicht parzellierte Waldteile entstanden, je nachdem, ob die Waldteile vermessen und als eigene Parzelle erfasst wurden oder nicht. Parzellierte Teilwälder wurden im Steuerkataster als Eigentum der jeweiligen Waldbesitzer ausgewiesen, nicht parzellierte Teilwälder wurden häufig auf die Etiketten „Ortschaft“ oder „Gemeinde“ eingetragen.

Teilwälder

 

Bei der Grundbuchanlegung in Haiming (1907 und 1908) wurde ein Waldeigentum laut Steuerkataster ausdrücklich als irrelevant erklärt. Als Grundsatz wurde das Waldeigentum für die „Gemeinde“ oder „Fraktionseigentum“ angenommen. Deshalb gibt es in Haiming sehr viele Waldparzellen mit dem Grundeigentümer „Gemeinde Haiming“. Am Forchet und im Simmering gibt es bei den Waldparzellen meist mehrere Waldbesitzer, bei den (kleineren) Waldgrundstücken am Haimingerberg ist es in der Regel nur ein Waldbesitzer. In Haiming gibt es bei den Waldgrundstücken neben der Gemeinde Haiming als Eigentümer auch Fraktionseigentümer wie in Grundbuchseinlagezahl (EZ) 1254 die „Kuratie-Gemeinde-Haiming bezeichnete Fraktion der Ortsgemeinde Haiming“ oder in EZ 265 die „Fraktion Haimingerberg – Höpperg“. Beide Fraktionen werden heute ebenfalls durch die Gemeinde Haiming vertreten. Bei diesen als Teilwälder bezeichneten Waldflächen gehört der Grund und Boden den im Grundbuch eingetragenen Eigentümern. Getrennt vom Grundeigentum gibt es die Nutzungsrechte für das Holz oder sonstige Forstprodukte, häufig als Holz- und Streunutzungsrechte bezeichnet, und das Weiderecht. Diese Rechte sind im sogenannten Waldbuch festgehalten und in eigenen Plänen dargestellt.

 

Eigenwald

 

Neben diesen Teilwäldern, wie sie im Forchet, am Simmering oder am Haimingerberg vorkommen, gibt es auch Eigenwald, bei denen Grund sowie Nutzungsrechte demselben Eigentümer gehören. Dazu zählt etwa auch der Wald der (Gemeindeguts-)Agrargemeinschaft Ochsengarten im Nedertal. Bei der Grundbuchsanlegung 1908 hat es in Haiming keinen Eigenwald gegeben. Eigenwald, wie es ihn heute gibt, ist erst durch das Zuwachsen von Wiesen und Bergmähdern in den letzten Jahrzehnten, vor allem am Haimingerberg, entstanden. Rückblickend auf die Grundbuchanlegungen zeigen sich stark unterschiedliche Vorgangsweisen bei der Aufteilung der Wälder („Teilwälder“): so hat z. B. der Grundbuchanlegungskommissär im Jahre 1908 in Haiming das Grundeigentum der „politischen Gemeinde“ als Gemeindegut, in Roppen – mit ähnlichen Verhältnissen – den Teilwaldeigentümern zugesprochen.

Auszug aus dem handgeschriebenen Waldbuch für die Plan Nr. 5, Parzellen Nr. 1704 - rechts die Transkription dazu:

Weiderecht

 

Die ursprüngliche Grenze der ausgeübten Talweide der Gemeinde Haiming erstreckte sich über den gesamten Waldbereich von Haiming bis zur Ötztaler Ache und südlich bis zur B171 Tiroler Straße, die nördliche Grenze ist der Inn. Weiters wurde der gesamte Waldbereich des Bergfußes des Tschirgantmassives von der Gemeindegrenze Roppen bis Haiming genutzt. Dieses Weiderecht wird als Servitutsrecht ausgeübt.

 

Ab den Nachkriegsjahren wurde das Weiderecht im Talbereich kontinuierlich durch diverse Bautätigkeiten wie Industrie, Gewerbe, und Wohnsiedlungen beansprucht. Diese Einschränkungen der Weideflächen veranlasste die Gemeinde Haiming mit den Vertretern der Ortsbauernschaft Haiming eine Weideregulierung über das gesamte Weidegebiet durchzuführen, um künftig klare Verhältnisse der Weidetätigkeit zu schaffen. Diese Weideregulierung trat 1984 in Kraft. Mit dem Regulierungsplan wurde die Agrargemeinschaft-Weideinteressentschaft gebildet, deren Verwaltung der Gemeinde unterliegt.

 

Zum Weiderecht auf der Haiminger Alm (Alpe Simmering) ist zu erwähnen, dass die Weiderechte auf Tarrenzer Gemeindegebiet bereits 1811 als Servitutsrechte von der Gemeinde Haiming erworben wurden.

 

Die Grundflächen der erworbenen Weideservitute sind in Folge an das K.K. Forstärars (Vorgänger der Österreichischen Bundesforste) übergegangen. Um klare Verhältnisse hinsichtlich dem Ausmaß und der Art der Weidetiere sowie der Holznutzung für Zaunerrichtungen zur Abgrenzung der zu beweidenden Flächen zu schaffen, wurde von den K.K. Forstärars eine Weideregulierung mit der Gemeinde Haiming beantragt. Diese Weideregulierung ist 1865 in Kraft getreten.